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Glaubensbrief - 13. März 2012
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Charles de Foucauld:
Die Suche nach dem letzten Platz
Der Leutnant Charles de Foucauld, aus uraltem französischem Adel, war kein Kostverächter. Die Zigaretten ließ er sich eigens aus Ägypten kommen, vom Wein musste es stets eine bestimmte, sündhaft teure Sorte sein, und – last not least – Leutnant Foucauld nahm sich das Recht, eine Mätresse mitzuführen, die er Mimi nannte. Leider brachte ihm Mimi kein Glück. Als seine Vorgesetzten davon erfuhren, wurde er wegen unehrenhaften Benehmens aus der Armee entlassen. Wir schreiben schließlich noch nicht das einundzwanzigste, sondern das neunzehnte Jahrhundert. Foucauld macht eine Forschungsreise durch das fast unbekannte Marokko. Das Betreten des Landes war für Christen bei Todesstrafe verboten – so reiste er als jüdischer Rabbi verkleidet. Ein echter Rabbi war sein Begleiter und Führer. Sie reisten durch das Atlasgebirge, wurden zweimal von Räubern überfallen, die sie töten wollten. Nur durch Zufall kamen sie mit dem nackten Leben davon. Doch Foucauld hatte zahllose geographische Daten gesammelt. Er fügte Karten dazu, verarbeitete das alles zu einem Buch, das in Paris Furore machte. Er wurde mit der Goldmedaille der geographischen Gesellschaft Frankreichs ausgezeichnet. Ab in den Beichtstuhl! Dann kam die große Wende in seinem Leben. Sie geschah in der Kirche St. Augustin in Paris.
Vor einigen Jahren wohnte ich in einer der neuen geistlichen
Gemeinschaften in Paris. Ein junger Pole wohnte ebenfalls dort. „Hast du
Lust, mit mir zur Kirche St. Augustin zu fahren?“, fragte er. „Was gibt es
denn da Besonderes?“ Da erzählte er: „Die Cousine von Charles de Foucauld
hatte diesem ein Gespräch mit einem der Priester in dieser Kirche
vermittelt. Foucauld hatte widerwillig zugestimmt. Eine kluge Diskussion
über weltanschauliche Fragen konnte ja schließlich nicht schaden, und
diesem „Pfarrer“ fühlte er sich schon zehnmal gewachsen. Doch als Foucauld
einiges aus seinem Leben erzählt hatte, sagte der Priester: Was Ihnen
wirklich helfen kann, ist keine theoretische Diskussion. Nein, hier steht
der Beichtstuhl. Legen Sie eine gute gründliche Beichte ab. – Foucauld
wollte es versuchen. Er ging in den Beichtstuhl und bekannte sein ganzes
gottfernes Leben. Und er kam als ein neuer Mensch wieder heraus.“ Intermezzo im Trappistenorden Ich kann sein weiteres Leben nur in groben Strichen zeichnen. Was Charles de Foucauld tat, das tat er ganz. Er hatte ganz den Lebemann gespielt. Nun, nachdem er Gott erkannt hatte, wollte er ganz für Gott leben. Und zwar als Trappist – einem der strengsten Orden der katholischen Kirche. Es begann für ihn die Suche nach dem letzten Platz. Den hoffte er in einem ganz armen Trappistenkloster in Syrien zu finden. Eines Abends wurde er im Auftrag des Klosters zu einer Totenwache für einen verstorbenen Christen in der Umgebung geschickt. Was er da sah, gab ihm zu denken. Er sah, dass diese ärmsten Menschen noch viel ärmer lebten als selbst die armen Mönche im Kloster – und das Kloster war schon eines der ärmsten des Ordens. Charles de Foucauld merkte, dass der Trappistenorden doch nicht seine Berufung war und trat aus – mit Erlaubnis seiner Oberen. In Nazaret fand er eine Stelle als Hausknecht in einem Schwesternkloster (dem Kloster der armen Klarissen). Hier endlich konnte er die niedrigsten Arbeiten tun und hatte trotzdem noch die Zeit, stundenlang vor dem Tabernakel zu knien. Hier bildete sich seine Spiritualität (und die der Kleinen Brüder und Schwestern Jesu) heraus: mit Jesus das verborgene Leben Jesu in Nazaret leben. Im Herzen der Sahara Doch um dies zu leben, brauchte man natürlich nicht in Nazaret zu
wohnen. Bruder Karl (wie er sich jetzt nannte) lebte in Nazaret als
Eremit. Aber bei dem Versuch, in noch größerer Einsamkeit als Eremit zu
leben, erinnerte er sich an seine erste Liebe: die Wüste Sahara. Als es
aus anderen Gründen Schwierigkeiten in Nazaret gab, ging er nach Rom, um
die Priesterweihe zu empfangen, und baute sich dann eine Einsiedelei in
Algerien, in Béni Abbes. Lange betete er in dieser Eremitage vor der
ausgesetzten Hostie, aber er empfing auch viele Menschen aus der Umgebung,
die zu ihm um Rat und Hilfe kamen. Es waren in der Regel Muslime, und man
nannte ihn bald den weißen Marabut. Bruder Charles hatte sich schon immer Gefährten für sein kontemplatives Leben gewünscht. Aber erst einige Jahrzehnte nach seinem Tod gründete René Voillaume in seinem Geist die Kleinen Brüder Jesu, und Soeur Magdeleine die Kleinen Schwestern Jesu. Über meine Begegnung mit den Kleinen Brüdern habe ich in der Reihe „Meine Begegnungen“ berichtet. (Siehe: Meine Begegnung mit den Arbeiterpriestern und den Kleinen Brüdern Jesu). Euch allen eine gesegnete Fastenzeit oder österliche Bußzeit oder Passionszeit – wie auch immer sie in Eurer kirchlichen Tradition heißt. Euer |