44. Glaubensbrief - Januar 2010 als PDF-Datei (134 kB)
Zeichen der Hoffnung
Vielleicht sagt ihr: „Der ist nicht ganz gescheit!“, wenn ich behaupte:
Ich sehe überall in unserer heutigen Welt Zeichen der Hoffnung. Ich glaube
nicht, dass die Welt immer schlechter wird. Frieden
1. Wir leben in einer Welt, in der (relativ zu früher) weithin Friede
herrscht. Diese Vergangenheit muss man bedenken, wenn man von unserer Zeit als einer Zeit relativen Friedens spricht. Wir haben wirklich „Schwerter zu Pflugscharen“ umgeschmiedet, wenn auch noch leider allzu viele Schwerter übrig sind. Demokratie 2. Zweites Zeichen der Hoffnung: der Zusammenbruch der Diktaturen. Doch nicht nur in der kommunistischen Welt wurden die Diktaturen gestürzt. Südkorea: die Diktatur wurde überwunden, der Christ Kim Dae Chung wurde demokratisch gewählter Ministerpräsident. Philippinen: das diktatorische System von Präsident Marcos wurde durch eine Revolution hinweggefegt. Chile: der menschenverachtende Diktator Pinochet wurde vom Sockel gestürzt, ebenso in Paraguay der Diktator Stroessner und in Argentinien die Schreckensherrschaft der Generäle. Das sind einige Beispiele, die Schlagzeilen machten, es gibt gewiss noch viele andere. Natürlich existiert auch der umgekehrte Fall von neuen Diktaturen, doch die Tendenz der Zeit geht weg von der Diktatur in Richtung Demokratie. Das scheint mir gewiss ein Zeichen der Hoffnung zu sein. Vereinte Nationen 3. In der einen Welt, die nicht mehr in zwei Machtblöcke geteilt ist, schälen sich mehr und mehr die Vereinten Nationen als globale Ordnungsmacht heraus. Gewiss sind das erst Ansätze, aber es gibt viele Krisengebiete, in denen die Vereinten Nationen für Ordnung und Frieden sorgen. In der Zeit des kalten Krieges war es die Sowjetunion, die durch ihr ständiges „Njet!“ im Sicherheitsrat die meisten Aktionen blockierte. Doch heute haben die UN mehr und mehr wirkliche Macht, wenn ihnen auch immer wieder ihre Grenze gezeigt wird, wenn sie der amerikanischen Politik in die Quere kommen. Universales Christentum
4. Ein gewaltiges Zeichen der Hoffnung: das Christentum wird international. Es ist nicht mehr auf die „weißen“ Völker Europas, Amerikas und Australiens beschränkt. Die Mehrzahl der Christen lebt heute in der sogenannten Dritten Welt – oder sagen wir: der südlichen Hemisphäre. Und diese Christen emanzipieren sich von der Vorherrschaft der europäischen oder amerikanischen Christen. Für die katholische Kirche: der Papst stammt zwar noch nicht aus der Dritten Welt, aber er ist seit 1978 kein Italiener mehr. Wer den langsamen Schritt der katholischen Kirche kennt, wird das zu würdigen wissen. Die jungen Kirchen sind keine Kolonialkirchen mehr, sondern zeigen ihr eigenes Profil. Sie nehmen nicht nur, sondern geben auch. Glaubensschwund 5. Zugegeben: das sind alles Zeichen der Hoffnung in unserer Zeit. Doch
dann kommt die große Frage: Was ist mit dem unaufhaltsamen Glaubensschwund
in den Ländern des Westens? Wie ich im vorigen Glaubensbrief schrieb:
jedes Jahr tritt eine ganze Großstadt aus der Kirche aus. Und die drin
bleiben, sind oft nur dem Namen nach Christen. Natürlich kann man den
Glauben nicht messen. Aber praktisch alle religiösen Parameter, in denen
sich der Glaube ausdrückt, zeigen negative Trends. Das ist nun wirklich
kein Zeichen von Hoffnung, und kommt es am Ende nicht auf diesen gelebten
Glauben an, und nicht auf Strukturen? Zeichen der Hoffnung? Wer die Augen aufmacht, kann sie auch in unserer Zeit entdecken. Dass ihr im Neuen Jahr 2010 Zeichen der Hoffnung in eurem Leben entdecken könnt, wünscht euch Euer
Karl Neumann |