Zehnter Brief, September 2003:
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Wie ein Vogel in der Winternacht Da sagt doch ein amerikanischer Fernsehprediger:
"Was einen Nichtglaubenden heute von Gott überzeugt, das ist
weniger die Ordnung im Universum als die Unordnung in seinem eigenen
Herzen. Die Menschen kommen heute zu Gott nicht von der äußeren Welt
der Ursachen, sondern von der inneren Welt der Ängste und Sorgen." Ich hoffe nur, dass die Deutschen in dieser Beziehung etwas vernunftbetonter sind als die Amerikaner. Ich will schließlich mit meinen Glaubensbriefen nicht auf die Gefühlsdrüsen drücken, sondern etwas bieten, das auch vor dem Verstand bestehen kann. Trotzdem: beides muss sich ja nicht ausschließen, und der Mann aus Amerika sieht etwas ganz Richtiges. Frag die Leute, weshalb sie an Gott glauben. Die meisten werden sagen: Weil er mir Halt gibt in meinem Leben. Weil ich ohne ihn nicht weiß, was mein Leben für einen Sinn hat, oder ähnlich. Eine sehr alte GeschichteEntschuldigen Sie, wenn ich jetzt eine sehr alte Geschichte erzähle, aus dem 7. Jahrhundert.
Woher kommt dieser kleine Vogel, Mensch genannt, und wohin fliegt er? Man kann noch so sehr diese Fragen verbieten, weil man sie wissenschaftlich nicht beantworten kann, sie lassen sich nicht verbieten. Spätestens dann, wenn der Arzt ihm mitteilt, dass er Krebs hat, wird auch der hartgesottene Atheist sich fragen: "Wenn mein Leben nun zu Ende geht, ist dann wirklich alles aus?" Oder wenn zwei heiraten wollen, denken sie wohl unwillkürlich: "Vielleicht gibt es doch eine Macht, die unser Leben lenkt und führt. Da sollte man sich mit ihr gut stellen und ihren Segen erbitten". Ein Leben als konsequenter Atheist ist eben gar nicht
so einfach zu führen. Paulus nennt die Menschen ohne Gott Leute, "die keine Hoffnung haben". Die Christen dagegen kann man ganz einfach definieren: Menschen, die Hoffnung haben.
"Der Gute ist immer der Dumme!" Für mich ist noch etwas Weiteres wichtig. Wenn es keinen Gott gibt, wofür lohnt es sich dann, gut zu sein? Wozu soll ich dann z.B. die Wahrheit sagen, wenn es mir Nachteile bringt und wenn keiner die Lüge oder den Betrug merken würde? Weshalb soll ich, wenn es hart auf hart geht, nicht eiskalt sagen: "Ich bin mir selbst der Nächste"? Gibt es auf all diese Fragen eine bessere Antwort als die: "Mit Gott weiß ich, weshalb ich mich bemühe, gut zu sein, auch wenn es mir scheinbar nichts bringt. Er ist der stille Zeuge, der jede Lüge, jeden Betrug, wahrnimmt, auch wenn sie sonst keiner merkt. Und der natürlich auch in gleicher Weise das Gute wahrnimmt. Vor ihm habe ich zu verantworten, wie ich mein Leben führe. Wenn ich gut bin, tue ich das, was er will. Dann bin ich im Einklang mit meinem Lebensziel. Und das gibt ein gutes Gefühl. Anders ausgedrückt: Wie kann ich ohne Gott eine Moral begründen? Einen absoluten Unterschied zwischen Gut und Böse? Eine absolute Unantastbarkeit des menschlichen Lebens?
Ich bin ihm dankbar für diesen Artikel, und zwar
deswegen: Hier sagt einmal ein Top-Wissenschaftler ganz klar: Ich als
nichtreligiöser Mensch kann keinen Grund finden, warum menschliches
Leben unantastbar sein sollte. Der einzige, der eine solche
Unantastbarkeit garantieren könnte, wäre Gott, wenn er denn existieren
sollte. P.S. Worin sehen
Sie den Sinn Ihres Lebens? Oder hat es keinen Sinn? Oder hat jedes Leben
einen ganz anderen Sinn? Schreiben Sie mir ruhig, ich werde Ihnen antworten. Ihr Karl Neumann |