37. Glaubensbrief - Juni 2009   PDF-Zeichen als PDF-Datei (123 kB)

Geistesgegenwart
 

Ein Feuer, das sich brausend verteilt.
 

Wenn ihr diesen online Glaubensbrief lest, wird der Pfingstsonntag gerade vorüber sein. Ich hoffe, ihr hattet schöne Feiertage, habt vielleicht eine Pfingsttour ins Grüne gemacht. Aber was ist denn eigentlich der ursprüngliche Sinn von Pfingsten? Bei Weihnachten werden die allermeisten sagen: „Ist doch klar. Wir feiern die Geburt Jesu“. Bei Ostern kommen viele schon in Verlegenheit. Einer hat ganz treuherzig gemeint: „An Ostern feiern wir die Geburt des Osterhasen!“ Zumindest sehr originell - oder? Und erst an Pfingsten! Zwei Feiertage in der schönsten Jahreszeit – das ist für viele doch Sinn genug.

Unser Gott ist ein verzehrendes Feuer

Vielleicht staunt ihr, wenn ich sage: Pfingsten ist eines der ältesten Feste, es ist viel älter als Weihnachten. Denn es existierte zur Zeit Jesu schon lange als jüdisches Fest. Was wurde gefeiert? Wie am Paschafest (Ostern) der Auszug aus Ägypten und Durchzug durch das Rote Meer gefeiert wurde, so an Pfingsten der Bundesschluss am Berg Sinai. Es wird berichtet, dass Jahve in Feuer und Blitzen auf den Berg Sinai herabkam, und kein Mensch (und kein Tier) durfte dann bei Strafe des Todes den heiligen Berg berühren (Buch Exodus Kap. 19).

Israel hat also die Gegenwart seines Gottes als ein verzehrendes Feuer erfahren, das Furcht und Schrecken auslöste.

Feuerzungen

Auch die ersten Christen feierten in Jerusalem dieses jüdische Pfingstfest. Und da wird erzählt: Die Jünger und Jüngerinnen und die Mutter Jesu waren alle am gleichen Ort versammelt. „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apostelgeschichte 2,2-4).

Hier ist wieder das Feuer Zeichen für die Gegenwart Gottes, aber wie anders als beim ersten Bund am Sinai! Hier im Neuen Bund ist das Feuer Gottes nichts Erschreckendes, Abstand Gebietendes, sondern im Gegenteil: das Feuer verteilt sich in kleine Zungen, es drückt nicht Distanz, sondern Nähe Gottes aus, es erfüllt die Gläubigen, erwärmt sie und erleuchtet sie. Gott wohnt im Menschen.

Der Mensch stammt von Gott,
und dessen Geist macht sein Herz leuchten.

Ich bin mit Gott verwandt

Das geschah nicht nur in längst vergangenen Zeiten, es geschieht immer noch. Immer wieder ist Pfingsten, wenn der Heilige Geist einen Menschen erfüllt und dieser so zur Wohnung Gottes wird. „Wisst ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ muss Paulus die Christen von Korinth erinnern, denn sie vergessen es immer wieder. Und auch jeder von uns vergisst es so leicht.

Aber es ist das innerste Geheimnis des Christentums. Wir gehören zur Verwandtschaft Gottes: sind Kinder des Vaters, Brüder und Schwestern Jesu Christi, und Tempel des Geistes.

„Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, den Geist, der ruft: Abba, Vater“ (Paulus an die Galater 4,6).

Nicht zufällig kam der Heilige Geist in Feuerzungen. Die „Geistesgegenwart“ in den Herzen der Jünger war wie das Feuer Gottes. „Dieser Mensch ist lahm, er hat kein Feuer“, sagen wir. Und umgekehrt gibt es Menschen, die sind wie von einem inneren Feuer erfüllt. Sie stecken andere an. Die Jünger Jesu wurden solche Menschen, als der Pfingstgeist auf sie herabkam. Auch du und ich können es werden.

Frohe Pfingsten!

Euer
Karl Neumann