Karl Neumann: Glaubenskurs OnlineElfter Brief, Oktober 2003:

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Stell die Antennen auf Empfang...

 

Mir fällt auf, dass ich in den bisherigen zehn Briefen noch gar nicht über eine ganz wichtige und praktische Sache gesprochen habe: über das Beten.

Doch jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich klar sagen muss: Wer glauben will, muss immer wieder darum beten. Der Glaube ist kein Rechenexempel. Er kommt nicht zustande durch Diskussionen, durch das Abwägen von Argumenten.

Gewiss finde ich das alles auch wichtig. Glaube ist eine vernünftige Sache und keine Gefühlsduselei. Man kann darüber argumentieren und in ein vernünftiges Gespräch eintreten. Man muss die Gegengründe ernst nehmen und darauf antworten.

 

Gott ist keine Nuss, die man knacken kann

Bild: Rosenkranzgebet in der Kirche - still werden vor Gott; mit Maria zu Jesus kommenDoch dadurch allein kommen Sie noch nicht zum Glauben. Denn Gott, an den wir glauben, ist nicht wie eine Nuss, die man knacken kann. Er ist eine Person. Er kann sich verbergen und kann sich erschließen. Und wie das auch bei einer menschlichen Person ist - etwa bei Ihrem Freund: er erschließt sich nur nach und nach. Sie müssen viel mit ihm reden. Sie müssen seine Nähe und sein Gespräch suchen.

 

Das Gebet von Charles de Foucauld

Genauso ist es bei Gott. Warten Sie nicht, bis Sie von seinem Dasein überzeugt sind. Fangen Sie an zu beten, auch wenn Sie noch nicht recht an Gott glauben. Sie werden sehen, es geht. Es klingt paradox, aber man kann zu Gott beten, auch wenn man noch gar nicht richtig an ihn glaubt. Ein ganz faszinierender Franzose, Charles de Foucauld, hat immer wieder gebetet: "Gott, wenn es dich gibt, so lass mich dich erkennen". Und schließlich hat er ihn gefunden, nach dem er so lange gesucht hatte.

 

Der Glaube ist Gnade

Hier muss jetzt ein anderes Stichwort fallen: Gnade. Ich gebrauche es nicht gern, denn es wird oft missbraucht und meint dann alles und gar nichts.Bild: Eine Satellitenschüssel im improvisierten Technikraum - betend finden wir zu dem, der uns trägt und hört: Gott, unseren Schöpfer Doch hier meint es etwas ganz Präzises: Der Glaube ist eine Gnade, ein Geschenk Gottes. Die Gläubigen können sich nichts darauf einbilden, gläubig zu sein. Sie haben es sich nicht verdient, letztlich hat Gott ihnen den Glauben geschenkt. Das heißt nicht, dass sie nichts dazu beigetragen hätten. Sie haben gesucht, sie haben nachgedacht, und vor allem: sie haben gebetet. Darum ist eben das Gebet so notwendig, weil der Glaube (auch) eine Gnade ist, und eine Gnade kann man nicht erzwingen, man kann sie nur erbitten.

Ein Gebet für Sie zum Wiederholen: "Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben" (Markusevangelium 9,24). Oder das oben genannte Gebet von Charles de Foucauld. Beten Sie so immer wieder um die Gnade des Glaubens. Und stellen Sie Ihre Antennen auf Empfang: eines Tages werden Sie jene leise Stimme aus dem Geräusch der vielen Sender schon heraushören.

Herzlichst
Ihr Karl Neumann