„Ich würde nie und nimmer
erwarten, dass irgendein Gott meine Gebete erhören will. Wenn ich
nachdenke, rede ich allein mit mir, immer im Kreis herum, kein
Notausgang aus meinem Ich. Die Kerzen, die ich anzünde, brennen für
niemanden" (Amica, vgl. den vorigen Brief).
Eigentlich traurig, so etwas. Kein Notausgang. Eingeschlossen.
Aber wenn da kein Gott ist, der mich hört, ist das wohl die Lage der
Dinge.
Da ist es wohl besser, man denkt nicht allzuviel darüber nach. Es
gibt ja so vieles, was amüsanter ist als über die letzten Fragen
nachzudenken. Sonst könnte man am Ende nicht mehr schlafen. Nur im
Hinterkopf bleibt vielleicht ein mulmiges Gefühl.
Aber was soll’s? „Ich brauche keinen Glauben", sagen die
meisten. Und sie kommen wirklich auch ohne Gott und ohne Glauben ganz
gut über die Runden. Sie sind Schüler: da kommt alles drauf an, eine
gute Prüfung zu machen und einen Job zu bekommen. Sie haben eine gute
Stelle: dann müssen sie weiterkommen, den Arbeitsplatz nicht verlieren.
Sie haben Familie: da hat man wenig Zeit für andere Dinge.
Es wäre aus gewesen
Und so geht es weiter. Das Leben läuft gut, man ist zufrieden.
- Bis es dann eines Tages passiert.
„O.
hatte einen Anhalter mitgenommen und reichte ihm die Gepäckstücke
aus dem Kofferraum seines Autos. Der Fahrer des nachfolgenden Wagens
übersieht ihn. O. wird zwischen die Stoßstangen gequetscht. Es geht
um Leben und Tod. O. überlebt. Aber ein Jahr lang kann er nicht
arbeiten.
‘Ein halber Meter weiter links, und es wäre aus gewesen’ - dieses
Bewusstsein lässt den jungen Mann nicht mehr los. Er denkt nach,
grübelt..." (Weltbild-Magazin).
Ich könnte andere Beispiele bringen. Etwa den Mann, glücklich
verheiratet, mit vielen Plänen, Hoffnungen. Er hat einen schweren
Arbeitsunfall, querschnittsgelähmt. Ein ganzes Leben im Rollstuhl.
Sie kennen sicher solche Schicksalsschläge in Ihrem Bekanntenkreis,
vielleicht sogar bei Ihnen selbst.
Ein solcher Schicksalsschlag muss nicht zum Glauben führen, aber er
führt jedenfalls zum Nachdenken:
Ein wasserdichter Lebensplan
Was hat das Leben jetzt noch für einen Sinn, wo man (wie der
Querschnittsgelähmte) nicht mehr arbeiten kann, ständig an den
Rollstuhl gefesselt ist, vielleicht anderen Leuten zur Last fällt? All
die Pläne sind futsch, die man sich für das Leben gemacht hat. Ein
Augenblick hat sie alle über den Haufen geworfen. Gibt es einen
Lebensplan, der gegen so etwas wasserdicht ist? Da fängt man an zu
suchen.
Ist der Sinn des Lebens bloß, weiterzukommen, gut zu verdienen, eine
glückliche Familie zu haben, gesund zu sein? All das kann ein schlimmer
Zufall in einem Augenblick zerstören. Und spätestens zerstört es der
Tod. Gibt es etwas, das nicht zerstörbar ist?
Ich kann natürlich sagen: „Na und? Noch gehts mir gut. Toi toi toi!
Ich hoffe, dass es mich nicht trifft". Beneidenswert, wer mit so
etwas zufrieden sein kann. Ich könnte es nicht.
Ich kann aber auch anfangen zu suchen, nach etwas Dauerhaftem, das
mir kein Schicksalsschlag aus der Hand schlagen kann - wenn es denn so
etwas gibt.
Und da kann es sein, dass ich auf die Antwort des Glaubens stoße. Ich
weiß nicht, ob sie wahr ist oder nicht, aber jedenfalls, wenn sie wahr
wäre, wäre sie genau die Antwort auf mein Problem. Ich hätte das
gefunden, was kein Schicksalsschlag zerstören kann. Ich hätte etwas
gefunden, worauf ich mein Leben bauen kann.
Was ich entdeckt habe
Ich muss gestehen, dass dies der Weg ist, auf dem ich persönlich zum
Glauben kam. Gewiss, ich bin als Kind katholisch erzogen worden, aber es
war eben nicht mehr als ein Kinderglaube. Noch zur Zeit des Gymnasiums
war es, da traf mich eine tiefe Krise, ein schwerer Schicksalsschlag.
Ich fragte zum ersten Mal: „Welchen Sinn hat mein Leben, wofür ist es
da?" Vorher hatte ich einfach in den Tag hinein gelebt. Jetzt war
die Selbstverständlichkeit, mit der ich lebte, durchbrochen. Ich erfuhr
zum ersten Mal, dass mein Leben ein Ende hat. (Natürlich hatte ich das
auch vorher gewusst, aber jetzt spürte und erfuhr ich es zum ersten
Mal.) Mein Leben war kurz, was sollte ich daraus machen?
Ich sah, was die meisten anderen daraus machten, und es konnte mich
nicht befriedigen. Ich suchte ein festeres Fundament.
Gott ist der einzige Halt in meiner Vergänglichkeit; Gott ist das
einzige Fundament, das nichts und niemand zerstören kann, nicht einmal
der Tod; Gott ist das wahre Ziel meines Lebens, er ist das, wofür es
sich lohnt, sich ganz einzusetzen. Das ist es, was ich fand.
Und darum glaube ich.
„Ich lebe aus dem glühenden Kern des Glaubens", sagte Walter
Dirks einmal. Das Gleiche könnte auch ich sagen. Der glühende Kern, da
wo Gott mein Leben berührt, wo Glaube und Unglaube sich
gegenüberstehen, das ist die Mitte, aus der ich lebe.
Viele Fragen bleiben noch. Fragen, die Ihnen vielleicht auf den
Nägeln brennen. Es gibt zahlreiche Wege, Gott zu erfahren. Was ich oben
geschildert habe, ist nur ein Weg. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie
auf die Suche gehen. Ich garantiere Ihnen, es wird auf jeden Fall eine
spannende Suche sein.
Ihr Karl Neumann
neumann@glaubensinformation.de
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