Ein Wort zuvor...

Hallo, herzlich willkommen auf der Webseite "glaubensinformation.de" !

Hier könnt Ihr einen "Schnupperkurs Glauben" finden. Es gibt nicht viele online-Glaubenskurse. Meiner hier ist einer der wenigen. Jeden Monat habe ich einen Brief mit einem neuen Thema ins Netz gestellt. Es war gar nicht so einfach, ein Thema wie z. B. die Auferstehung Jesu oder die Dreifaltigkeit einfach zu erklären, so dass auch Nicht-Insider es verstehen können. Ihr könnt selber urteilen, ob ich es geschafft habe.

Das Ganze ist jetzt fertig. Genau 30 Glaubensbriefe sind es geworden, Ihr könnt sie unter SCHNUPPERKURS GLAUBEN finden.

Wie soll es weitergehen, wenn der "Schnupperkurs Glauben" fertig ist? habe ich mich gefragt.

Ja, ich will auch künftig jeden Monat eine neue Seite ins Netz stellen.
Man könnte es die persönliche Fortsetzung des Glaubenskurses nennen, denn es geht um meine Begegnungen.

Ich bin Menschen begegnet, die haben mein Leben geprägt, meinen Glauben geformt. Nicht alle habe ich persönlich getroffen. Auch ein Buch kann einen umwerfen, oder ein Film, eine Fernsehsendung. Die Bedingung ist, dass sie mir neue Horizonte aufgerissen haben.
Von solchen prägenden Begegnungen will ich in der neuen Serie der Glaubensbriefe erzählen. Ihr findet also wie bisher zu Beginn jeden Monats unter www.glaubensinformation.de eine neue Seite im Internet.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir schreibt. Meine E-Mail-Adresse ist auf jeder neuen Seite angegeben. Ich antworte bestimmt!

Übrigens will ich versuchen, die 30 Briefe des "Schnupperkurs Glauben" als Büchlein bzw. Broschüre herauszubringen. Wenn ich Näheres weiß, werde ich es im Internet bekannt machen.

Für Euer Leben wünsche ich Euch, dass Ihr erfahrt, was der Glaube Euch geben kann.

Mit einem herzlichen, frohen Gruß

Euer
Karl Neumann

neumann@glaubensinformation.de

 Meine Begegnungen - 1. Brief, Juni 2005   PDF-Zeichen als PDF-Datei (161 kB)

Der Papst, der die Fenster aufstieß

Meine Begegnung mit Johannes XXIII.

Nein, ich bin Papst Johannes XXIII. nie persönlich begegnet. Im Jahr, wo er Papst wurde (1958), hatte ich gerade mein Noviziat in St. Augustin begonnen. Da war es nicht einmal möglich, meine Eltern zu besuchen, geschweige denn nach Rom zu reisen.

In diesem Jahr 1958 war es, da machte ich mit einem Mitnovizen eine Wanderung am Rhein entlang, von Bonn nach Bad Godesberg. Papst Pius XII. war gestorben, und an allen Bonner Botschaften waren die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Sogar die sowjetische Botschaft trauerte, der Flagge nach zu urteilen, um den toten Papst.

Ein kleiner, dicklicher Mann

Bald folgte das Konklave, und gewählt wurde ein kleiner dicklicher Mann, den keiner von uns  kannte, ein gewisser Angelo Roncalli. Der Schneider, der Papst Johannes XXIII. die drei weißen Papstroben vorfertigte, hatte an eine solche Figur nicht gedacht, und so passte dem neuen Papst denn keines von den drei Gewändern. Man musste eilig das Gewand hinten ein wenig auftrennen, damit der beleibte Angelo Roncalli hineinpasste.

Man war schockiert. Nach der majestätisch schlanken Gestalt von Pius XII. nun ein Nachfolger, der wie ein Großvater aus dem Bauerndorf aussah. Wie konnte man überhaupt einen Siebenundsiebzigjährigen zum Papst machen!

Er nannte sich Johannes XXIII. Auch das war ein Bruch mit der Tradition seiner Vorgänger. Seit hundert Jahren hatten sich die Päpste, mit wenigen Ausnahmen, Pius genannt. Doch er nannte sich Johannes.

So war der erste Eindruck. Doch dann las ich in einer Wochenzeitung ein Lebensbild dieses Unbekannten, und das ließ mich aufhorchen. "Johannes der Gute" stand da als Überschrift. Der Schreiber kannte ihn von der Zeit, wo er Nuntius in Paris war, und er schilderte ihn als einen grundgütigen Menschen. Menschlichkeit und Güte strahle er aus - was konnte es besseres geben? Hoffentlich würde er auch als Papst menschlich bleiben! Er blieb es. Bald kursierten Anekdoten über diesen Papst, über seinen Mutterwitz, seine Nähe zum einfachen Volk, seine Bescheidenheit ("Ich bin ja nur der Papst" soll er gesagt haben).

Blankes Entsetzen in der Kurie

Dann kam der 25. Januar 1959, das Fest der Bekehrung des hl. Paulus. Der Papst besuchte die Basilika "St. Paul vor den Mauern", und da platzte die Bombe. Diesem Papst war beim Beten die Idee gekommen, ein ökumenisches Konzil einzuberufen. Er meinte, der Heilige Geist habe ihm diese Idee eingegeben, und was konnte man gegen den Heiligen Geist machen? In großen Teilen der Kurie herrschte blankes Entsetzen, aber wir jungen Theologen jubelten. Ein ökumenisches Konzil! Wir glaubten, und viele glaubten es, jetzt kommen alle Konfessionen zu einem großen gemeinsamen Konzil zusammen. Unvorstellbares schien mit einmal möglich, die Vereinigung aller christlichen Kirchen schien in greifbare Nähe gerückt.

Diese utopischen Erwartungen wurde bald ernüchtert. Ein ökumenisches Konzil, hieß es aus Rom, sei eine innerkatholische Angelegenheit. Es sei die Versammlung aller katholischen Bischöfe der Oikumene, also des Erdkreises.

Noch weitere Enttäuschungen kamen. Dieser Papst Johannes verbot die Arbeiterpriester. Er erließ eine Enzyklika "Veterum sapientia" ("Die Weisheit der Alten"!), die das Latein wieder einführen wollte. Und auf der römischen Synode, die er einberief, schärfte er die klerikale Kleiderordnung wieder ein. Ja, Angelo Roncalli hatte auch eine konservative Seite.

Ein Kursgenosse, der in Rom studierte, schrieb mir: "Heute hat Pater Tromp einen Vortrag gehalten über das Schema, das er für das Konzil vorbereitet hat. Wenn diese Richtung durchkommt, wird das ganze Konzil ein Schlag ins Wasser!"

Diese Gefahr war tatsächlich gegeben. Die römische Kurie hatte alles getan, um das Konzil, wenn es schon nicht zu verhindern war, in ihre Bahnen zu lenken.

Doch das war nicht die Linie des Papstes. Papst Johannes wurde einmal gefragt, was er vom Konzil erwarte. "Vom Konzil", sagte er und näherte sich dabei dem Fenster, als wolle er es öffnen, "vom Konzil erwarte ich einen frischen Luftzug".

Ein junger Theologe namens Ratzinger

Dann trat das Konzil zusammen, im Herbst 1962. Und gleich in den ersten Tagen gab es einen Paukenschlag, der die ganze Richtung des Konzils entschied. Wichtig war hier KardinalZweites Vatikanisches Konzil 1962 bis 1965 Liénart und Kardinal Frings von Köln, der als theologischen Berater einen jungen Theologen namens Joseph Ratzinger (!) mitgebracht hatte. Die beiden Kardinäle erreichten im Endeffekt, dass die weitgehend von der Kurie vorbereiteten konservativen Vorlagen abgesetzt und völlig neue erarbeitet wurden.
Das war ganz auf der Linie, die Papst Johannes für das Konzil vorgegeben hatte: es sollte ein pastorales (seelsorgliches) Konzil werden, das niemand verurteilen würde. Es gab auf diesem Konzil kein "Anathema sit!" ("Der sei im Bann!") wie in den früheren Konzilen.

Es war zwar ein innerkatholisches Konzil, aber auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes wurden Beobachter aus den anderen christlichen Kirchen eingeladen, die an allen Sitzungen teilnehmen konnten.

Besonders lag dem Papst die Aussöhnung mit den Juden am Herzen. Eine jüdische Delegation besuchte den Vatikan. Papst Johannes ging freudig auf sie zu, das ganze Zeremoniell missachtend, gab ihnen die Hand und rief aus: "Herzlich willkommen. Ich bin Josef, euer Bruder". Eine Anspielung auf die Geschichte in der jüdischen Bibel (= Altes Testament), wo der lange verschollen geglaubte Josef sich seinen Brüdern mit diesen Worten zu erkennen gibt. (Gen 45,3-4).

Und der Papst versuchte sogar, die Mauern der Feindschaft zu den Kommunisten niederzureißen. Er empfing den Schwiegersohn Nikita Chruschtschows im Vatikan. So etwas hatte es nie gegeben. Einer meiner Theologieprofessoren meinte damals zu uns: "Nun sieht auch der Letzte, wes Geistes Kind dieser Johannes XXIII. ist. Jetzt paktiert er auch noch mit den Erzfeinden der Kirche!". Aber Papst Johannes paktierte nicht. Er suchte nur mit allen das Gespräch, zeigte allen sein Wohlwollen, ohne Ausnahme.

An Pfingsten lag er im Todeskampf

Johannes XXIII. sollte die zweite Sitzungsperiode des Konzils (Herbst 1963) nicht mehr erleben. Er war krebskrank. An Pfingsten 1963 lag er im Todeskampf. Wir Seminaristen erlebten es mit, trauerten mit. Ein Fußballspiel auf unserem Sportplatz wurde abgesagt, es war Trauer.

Am Pfingstmontag, den 3. Juni 1963, starb dieser Papst, der ein neues Pfingsten für die Kirche ersehnt hatte.

Der Wind, den er durch die offenen Fenster in die Kirche eingelassen hatte, wurde später zum Sturm, der manches durcheinanderwirbelte. Doch das ist eine andere Geschichte...

Das Wichtigste über Angelo Roncalli erfuhr ich erst nach seinem Tod. Es erschien sein geistliches Tagebuch. Es gibt nicht viele Bücher, die ich mehrmals gelesen habe, aber dieses gehört dazu. Hier sieht man, dass dieser Mensch aus einer inneren Kraft lebte, die ihm der Glaube gab. Seinen berühmten Humor, seine Menschlichkeit und Güte verstand ich erst, als ich sah, aus welcher inneren Wurzel sie kamen, und um welchen Preis sie oft erkauft waren.

Es war schon einige Jahrzehnte nach seinem Tod, da kam ich nach Rom und besuchte den Petersdom. Natürlich ging ich in die Krypta, um das Grab meines geliebten "Papa Giovanni" zu besuchen. Zahlreiche Papstgräber waren da, aber das Grab von Papst Johannes XXIII. war über und über mit Blumen geschmückt. Die einfachen Menschen, denen seine Liebe galt, hatten ihn nicht vergessen. Am 3. September 2000 wurde er selig gesprochen.

 

Ihr/Euer Karl Neumann